West -Afrika-Fahrt

(26.12.2001 - 18.03.2002)

Eigentlich wollte ich nur mal irgendwie wieder nach Afrika. Dann bin ich auf die XT gekommen. Damit wollte ich fahren, auch wenn ich nicht gerade der begnadetste Mopedfahrer bin. Und da ich wohl schon zu lange im südwestlichen Teil Deutschlands lebe, dachte ich, könne ich das Geld für die Verschiffung nach Dakar sparen und selber runterfahren. Was daraus wurde war dann:

DAS BESTE WAS MIR JE PASSIERTE

Wer das Forum verfolgt, kennt meine Reisevorbereitungen zum Teil. Ist nicht sooo einfach (mit den mir zur Verfügung stehenden Mitteln) eine Fernreisetaugliche XT zusammen zu bekommen. Man legte mir nahe ein neues/neueres Motorrad zu kaufen. Nicht nur die finanziellen Rahmenbedingungen ließen mich solche gutgemeinten Ratschläge kathegorisch ablehnen.

Die XT sollte es sein und kein anderes Moped!

Meine "Loki" (Meine erste und jüngste XT, BJ 84) war gerade zerlegt und der Motor mit neuen Ventilen, Kolben, Steuerkette und Blindscheibe versehen. Ich hatte schon Michelin T 61 Reifen gekauft (zwecks der Optik, viel fahren wollte ich eigentlich gar nicht mehr mit ihm). Lokis Vorteile Doppelzündung, 12V, Ölkühler, bekannte Macken. Lokis Nachteile: ca 190 000km, verzogener weicher Rahmen, sehr dezente Bremswirkung, kein TÜV.

Ja und dann stand da noch "Slut nu" rum (Bj 81). Vorteile von Slut nu: 34 000 km, alles Original, keine Geländeschäden. Nachteile: sprang nach einem Winter im Freien nicht mehr an, Originalfederung, 6V, 27 PS und - da neu bei mir- gänzlich unbekanntes Innenleben.

Also machte ich folgendes: Ich nahm Lokis Motor und setzte ihn in Slut nus Rahmen. Auch übernahm ich Vergaser, Ölkühler, Doppelte Direktschmierung, Hepco-Becker-Träger und Götz-Boxen. Auch Lokis Reifen zog ich ab und packte sie ein. Dann bastelte ich die 12V Anlage an die Neue, erwarb bei e-bay einen Stahltank (25l, jetzt kupferhammerit lackiert) und einen schönen alten Sebring Endtopf. Kaufte Bilstein Moto cross Federbeine (39er) und einen Edelstahlkrümmer. Für die Boxen bekam ich von einem Freund Aluhalterungen für Reservekanister.

An Weihnachten war sie dann fertig die "XT-Ratte".

Dank des sehr frühen und heftigen Wintereinbruchs konnte ich nicht wie geplant an Weihnachten losfahren.Ich fürchtete schon, daß ich 2001 gar nicht mehr loskäme, aber dann erbarmte sich ein Freund und fuhr mich und mein Moped mit seinem VW-Bus bis hinter die Schneegrenze (Spanien).

Da gings dann erst richtig los auf zwei Rädern

XT Ratte ist fertig

Am 29. Dezember fuhr ich gegen 22 Uhr auf die Fähre Almeria-Nador. Und schon war ich mittendrin in einer anderen Welt. Ich war offensichtlich die einzige Europäerin an Bord und der Frauenanteil der Passagiere lag schätzungsweise bei einem Prozent. An die total verdutzten Gesichter der Grenzbeamten und der Polizisten habe ich mich erst im Laufe meiner Reise gewöhnt; mir wurde schnell klar: Du tust da was fast Unmögliches aus Sicht dieser Menschen.

Lag es an meinen mangelhaften Französichkenntnissen, daß ich als erste die Grenzformalitäten hinter mir hatte, und das auch noch ohne Probleme? Oder lag es daran, daß ich einfach auf dem Moped sitzenblieb und wartete daß die Grenzbeamten zu mir kamen???

Nun war ich also in einem muslimischen Land. Einem wunderschönen Land mit sehr netten Menschen, einer nicht erwähnenswerten Anzahl von Verkehrsschildern, aber einer durchaus erwähnenswerten Anzahl Schotterpisten und SAND.

Route der XT Ratte

Ich fuhr erstmal direkt zum Erg Chebbi. Silvester bei Vollmond und Sternenhimmel, mit Trommelmusik direkt an der großen Düne, das war ein Erlebnis. Drei Tage blieb ich dort und versuchte mich ein wenig mit SAND unter den Reifen anzufreunden, aber ich merkte schnell, daß das nicht mein bevorzugter Untergrund ist, und schon gar nicht mit den recht abgefahrenen Enduro 2 Reifen von Metzeler. Und Offroad-Erfahrung hatte ich ja fast keine.

XT Ratte im Erg Chebbi

Von Rissani aus fuhr ich nach Zagora im Draa-Tal. Dank der hefvorragenden Beschilderung verfehlte ich die Straße in Tazzarine und landete auf einer Piste, die noch nicht fertiggestellt war. Das brachte mir eine Übernachtung in einem Bauarbeitercamp ein und die leckerste Tajine zum Abendessen. Da die Richtung eigentlich stimmte, fuht ich gleich auf der Piste weiter.

Auf dem Weg nach Zagora

Irgenwas zog mich nach Marrakech, und so fuhr ich gleich weiter, durch das Draa-Tal, über den Mittleren Atlas und den Hohen Atlas, bis ich im Dukeln die Stadt erreichte. Zufällig sah mich ein Bekannter vom Erg Chebbi, sprang mir fast vor's Moped und lotste mich durch Fugängerzone, kleine Gäßchen und über Treppenstufen in sein Hotel. Mein Motorrad hatte dort den wesentlich schöneren "Schlafplatz".

XT Ratte in Marrakech

Nach einem Tag Marrakech per pedes fuhr ich weiter nach Sidi Ifni (am Atlantik) und dann immer an den Klippen entlang nach Süden. Ich übernachtete zwangsweise noch einmal in Tarfaya, wo ich sicherheitshalber die Tür abschloß und mir Essen auf's Zimmer bringen ließ, da 10 Einladungen zum "Tee" in den fünf Minuten in denen ich mein Gepäck ablud, doch ein bischen heftig war.

In Dakhla angekommen wechselte ich die Reifen, meldete mich für den Militärkonvoi an und suchte Begleitung für die Fahrt durch die Sahara. Ich fand vier Norweger, die mit einem Landrover unterwegs waren, mit denen ich dann auch meinen Geburtstag feierte (Es gibt Bier in Marokko, man muß es nur länger suchen).

Wir lernten noch ein holländisches Ehepaar mit einem Toyota Landcruiser kennen und kurz vor der Abfahrt des Konvois gesellte sich noch Jan zu uns, ein Trommellehrer aus Heidelberg mit einer Suzuki DR 650, sowie Aki mit seinem Postbus.

Die West-Sahara verabschiedete mich gefühlvoll mit einem sintflutartigen Wolkenbruch, aber die Sonne über Mauretanien kochte am nächsten Tag die nassen Klamotten schnell wieder trocken.

Mauretanien

Mit Hilfe von guten GPS-Koordinaten und der Wüstenerfahrung der Holländer fuhren wir ohne Führer durch die Wüste. Daß wir dafür 10 Tage brauchten lag am Schalthebel meiner XT (die Verzahnung verabschiedete sich nach 25km Sandwüste) und an dem kapitalen Getriebeschaden am Landrover.

Aber es war lustig im "Camp breakdown": Sonne satt und was für ein Sandstrand - und wer braucht schon Wasser. ;-)

Camp mit Schaden

Herrlich waren die 120km am Strand vor Nouakchott. Noch im Dunkeln fuhren wir auf den Strand auf und dann durch aufgeregte Vogelschwärme in den beginnenden Tag.

Strandfahrt

In Nouakchott wuschen wir das Salz von den Fahrzeugen und fuhren gleich weiter nach Rosso. Das muß der schlimmste Grenzübergang in ganz Afrika sein. Wir benötigten fast den ganzen Tag um durch zu kommen. In St Louis, der ehemaligen Hauptstadt des Senegal machten wir alle noch gemeinsam 3 Tage Rast mit (eeeeendlich wieder) Dusche, Bier, gutem Essen und Sandstrand.

Dann in einer Yamaha-Motorboot-Werkstatt fand ich einen netten Mechaniker, der mit mir gemeinsam einen neuen (dickeren) O-Ring um die geschrumpfte Blindscheibe machte. Was war ich froh über den Ölkühler!!!! So war das Öl , daß mir seit Nouakchott ans Bein spritzte nie heißer als 80°C.

Dann kam der Abschied von den Norwegern und ich fuhr alleine weiter. (Bild 8)

Abschied

Ich fuhr quer durchs Land - Dakar weiträumig umfahrend- nach Kaffrine, sucht dort prähistorischs Steinkreise (was mit 90km Eselspfad und einer Übernachtung bei einer Wolof-Familie in einem winzigen Dorf verbunden war) und fuhr nach Tambacounda. Da fuhr mir dann Jan noch einmal über den Weg, der nach Guinea weiterfuhr - jaja, Afrika ist klein. Alleine passierte ich die Grenze nach Mali bei Diboli und fuhr nach Kayes, der ehemaligen Hauptstadt Malis und eine der heißesten Städte der Welt.

Ich wartete zwei Tage, ob sich noch Mitfahrer für die katastrophale Piste nach Bafoulabe fünden, dann fuhr ich aber doch alleine los. Für die 130km war ich von 8 Uhr bis 16 Uhr unterwegs. Ich hatte drei Stürze, die Hände schmerzten bis über die Ellenbogen, zweimal versagte mein Kreislauf nachdem ich das Moped alleine aufwuchten durfte und irgendwann hatte ich keine Flüssigkeit mehr in mir zum Rausschwitzen. (Bild 9)

Mali

Aber es zog mich nach einem delikaten Essen und drei Colas in dem Städtchen weiter nach Manatali. Dort gibt es einen Staudamm, der von Deutschen gebaut wurde, und an dem nun ein Kraftwerk entsteht. Ich fragte mich nach den Arbeitern um und wurde zu Eugen aus Ravensburg geführt. Der gab mir eine zwei-Zimmer-Wohnung mit Air-Condition, Bad, Küche und allem Luxus, den ich nicht mal zuhause habe.

In Manantali blieb ich erstmal 10 Tage und fuhr mit dem Geländewagen meiner neuen Freunde dort in Affenreservoirs, an den Fluß zum Picknicken und 130km einfache Strecke nach Kita - zum Bierholen.

Schließlich fuhr ich weiter über Bamako nach Bandiagara ins Dogon-Land. In einem kleinen Dorf an der Falais du Dogon tauschte ich meine XT für eine Weile gegen einen Eselskarren und guckte mir die Felsenhäuser und Maskentänze der Dogon an.

Über Djenne, wo meine XT mal Piroge fahren durfte, fuhr ich zurück nach Bamako, um meine Freunde aus Manantali noch einmal zu treffen.

Djenne

Dann hatte ich Malaria und lernte eine malinesisches Krankenhaus von innen kennen. Als ich wieder aufsitzen konnte fuhr ich weiter nach Burkina Faso. 50km vor der Grenze tut es einen Schlag: kapitaler Motorschaden. Nichts geht mehr udn keine Zeit mehr die Maschine zu reparieren. Ich stoppe LKWs und ein Baumwolltransporter nimmt meine XT und mich wieder zurück nach Bamako mit.

Aber alles Schlimme hat auch etwas gutes, denn wen treffe ich dort? Meine Norweger aus der Wüste. Ein Belgischer Freund lieh mir eine Kawasaki für den Stadtverkehr von Bamako, und ein französicher Freund stellte mir auch seine XT zur Verfügung.

Kleines Rätsel für XT-Spezialisten: Auf welche Überflüssigen Teile wurde bei ihr verzichtet? ;-)

XT von Luile

Nach einem wunderschönen Wochenende am Niger (Jet-ski fahren, schwimmen und grillen) fuhren drei der Norweger weiter um die Welt (www.free-your-minds.com) und ich flog mit dem vierten nach Paris. Von der Sahel in den Louvre, das war schon eine Umstellung. Zwei Tage Paris waren zum akklimatisieren sehr gut, kosteten aber so viel wie ein Monat Mali.

Mit dem Zug furh ich nach Deutschland und am Montag Morgen war ich pünktlich bei der Arbeit und fragte mich nur:

WARUM BIN ICH WIEDER HIER?

Aber im Winter bin ich hoffentlich wieder weg. Entweder um die XT vollends nach Ghana zu fahren, oder um mit dem Unimog eines Freundes in Mali und Cot d'Ivoire rumzufahren.

Sunset


Texte und Fotos von Andrea, Internetseite von XTom